La Strada 2010

Passanten, denen von Musik überwältigt die Beine durchgehen. Stadtwanderer auf urbanen Entdeckungsreisen. Energiegeladenes Volkstheater, phänomenales Maskentheater jenseits aller Körpergrenzen, Figurentheater, das staunen macht, mitreißende Produktionen für Kinder und ungewöhnliche Begegnungen in Straßen- und S-Bahnen.

Die spektakulären Großevents der frühen Jahre haben Platz gemacht für die Geschichten der Stadt und ihrer Bewohner. La Strada hat diesmal die Gesichter von Graz ins Visier genommen und auf die Menschen, ihr Lebensgefühl und ihren Lebensmut fokussiert: In Produktionen wie „Figures Libres“ oder „Faces & Places“ wurden Menschen in unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitssituationen sichtbar: Musiker, Geschäftstreibende, Volksschüler, Jugendliche, Berufstätige und Pensionisten.

Besonders prominent wurde heuer das breite Spektrum gegenwärtiger Straßenkunst aufgefächert – vom poetischen Straßentheater à la Leandre bis zu den musikalischen Feuertänzen von Ulik & Le Snob. Die Indoor-Produktionen zählen zum Besten, das Figuren-, Objekt-, Maskentheater derzeit zu bieten haben. Hier zeigt sich auch am besten die kreative Kraft des Festivals: Etliche Projekte hat La Strada gemeinsam mit den Künstlern entwickelt – „Garage d’Or“ etwa ist bereits die zweite Koproduktion mit der Familie Flöz, die 1998 das erste Mal bei La Strada gastierte. Für die richtungweisende Formation ist nach ihren Aussagen die Herausforderung, in Graz auf ein kenntnisreiches und anspruchsvolles Publikum zu treffen, von besonderem Reiz. Eine Zuneigung, die in Graz offensichtlich erwidert wird: Längst füllt die Familie Flöz hier mühelos fünf Spieltage lang das Theater – egal ob Oper oder Orpheum.

Dieses prominente Beispiel zeigt aber nicht als einziges, was La Strada mittlerweile für die künstlerische Arbeit leistet: Junge Künstler erhalten die Möglichkeit, alternative Kunstformen vor Ort auszuprobieren – gerade Straßenkunst entsteht durch die Interaktion auf der Straße, als dynamisches Projekt gemeinsam mit dem Publikum. Das hat etwa das TheatreFragile beispielhaft vorgeführt.

Dass junge Künstler die Möglichkeit haben Neues auszuprobieren – gern auch gemeinsam mit erfahrenen Art-Genossen – , ist seit jeher ein besonderes Anliegen des Festivals. Das ist an der Entstehungsgeschichte von „Hitchhike the Wind“ sehr gut abzulesen. Schon im letzten Jahr hat La Strada das Projekt in Kasachstan unterstützt, im „Hothouse“, dem Ideenlabor des europaweiten Straßentheaternetzwerks IN SITU, nahm es konkrete Gestalt an. Nach einem Gastspiel beim renommierten Oerol Festival auf der niederländischen Insel Terschelling entstand die aktuelle Version für den Augarten: ein Film auf Segeln, musikalisch eingefasst von Franz Schmuck, Juan Carlos Sungurlian, Armin Pokorn und Wolfgang Puschnig.

Beispielgebend für das aktuelle Festival sei auch der Geheimagentenchor von Kud Ljud und den Grazer Künstlern der Raschelbande genannt: die gemeinsame Projektentwicklung ermöglichte Künstlern wie Publikum einen neuen Blick auf Graz, seine Spontanität und seine Lebenswelten.